Sanktionen gegen Russland – Zweierlei Maß
Die Verhaftung Nawalnys und der Umgang Russlands mit den nachfolgenden Demonstrationen ruft Forderungen nach Sanktionsverschärfungen hervor. Jedoch, wann wurden Sanktionen gegen China verhängt wegen des Vorgehen gegen Tibetaner, Uiguren und zuletzt Hongkong-Demonstranten? Autokratisch regierte Staaten sichern durch Rechtsverstöße ihre Macht. Das hinderte bislang kaum einen westlichen Staat, dennoch regen Handel mit Staaten zu treiben, die unrechtmäßig Gewalt gegen ihre Bürger ausüben. Also kann man die derzeitigen Sanktionsforderungen nur als scheinheilig bezeichnen. Bei dem einen Staat Rechtsstaatlichkeit einzufordern, bei anderen dagegen gar nicht, ist zweierlei Maß. Die Handelsbeziehungen mit China wurden jüngst mit dem EU-Handelsabkommen verbessert ohne jeglichen Hinweis, Menschenrechte zu beachten. Offensichtlich besteht große Angst vor China, die braucht man vor dem Nachbarn Russland nicht zu haben. Da ist Härte zeigen folgenlos, also drauf. Das ist doch wohl bigott und jämmerlich.
Nachtrag vom 8.3.2021: Wo bleiben die Sanktionen unserer Regierung und der EU gegen die Türkei? Siehe https://www.heise.de/tp/features/Tuerkei-Oppositionspartei-HDP-kurz-vor-dem-Verbot-5073764.html?wt_mc=nl.red.telepolis.telepolis-nl.2021-03-08.link.link
Der Ausdruck bigott ist eigentlich noch harmlos. Das Traurige ist doch, dass die Menschenrechte als Kampfmittel mißbraucht werden, als Begründung für sowohl militärische als auch wirtschaftliche Kriege. Und traurig deshalb, weil zum Einen diese kriegerischen Auseinandersetzungen mit der Begründung die Menschenrechte zu schützen, viel mehr Leid, Vertreibung und Tod bewirken, als der Zustand vorher. Und zum Anderen, weil, wie schon von dir erwähnt, diese Begründung nur auf eigene Interessen ausgerichtet ganz selektiv angewendet wird.
Und China ist da nur ein Beispiel. Man könnte noch viele Militärdiktaturen der Vergangenheit und der Gegenwart aufflisten, und selbst unser großes Vorbild und Freund USA hat eine lange Liste von völkerrechtswidrigen Handlungen zu verantworten bis hin zu den nach eigenem Gutdünken weltweit mit ihren Drohnen vollstreckten Todesurteilen. Und dann haben unsere Regierenden scheinbar auch keine Hemmung, Ländern mit einer langen Latte von Menschenrechtsverletzungen wie Saudi Arabien oder der Türkei mit Waffen im Wert von Milliarden zu unterstützen.
Wegen dieser Doppelmoral aber noch mehr weil diese wirtschaftlichen oder militärischen Interventionen nur sehr selten einen Erfolg zeitigen, meistens nicht die Verantwortlichen, sondern die einfache Bevölkerung die Leidtragenden sind, sollten die Menschenrechte nicht für solche Abenteuer mißbraucht werden..