Eindrucksvoll, wie allerorten Menschen ihre Trägheit überwinden und für unsere Demokratie auf die Strasse gehen. Alles bestens? Leider nein
Auslöser für das gezeigte Wir-Gefühl war der romanhafte Correctiv-Bericht über das Treffen von CDU- und AfD-Mitgliedern und einigen Industrieellen mit dem rechtsradikalen und Identitären Österreicher Martin Sellner im November 2023. Die Behauptung von Correctiv, in Potsdam sei «die Vertreibung von Millionen von Menschen aus Deutschland» geplant worden, trieb und treibt die Menschen auf die Strasse (hier der inzwischen zweimal entschärfte Correctiv-Text) .
Die ersten Aufrufe nach der Correctiv-Veröffentlichung richteten sich nicht nur gegen Rechtsradikale und Nazis, sondern gegen Rechts allgemein, z.B. „Aufstehen gegen Rechts“. So äußerte die Initiatorin der Münchener Demonstration Frau Poettinger, auch die CSU wäre bei der Demo gegen Rechts unerwünscht. Von daher rührt der schale Beigeschmack. Nur die Regierung und die sie tragenden Parteien sowie staatlich geförderte NGOs (Non Government Organisation) rufen zu Demonstrationen gegen die stärkste Oppositionspartei AfD auf. Und das zu einem Zeitpunkt, wo aus Unmut über etliche Regierungsentscheidungen die AfD wahrscheinlich in den anstehenden Landtagswahlen zu den Wahlgewinnern zählen wird.
Offensichtlich haben wir nicht eine Situation wie vor 1933
Wir haben ein Gemeinwesen mit funktionierender Gewaltenteilung und eine föderative Struktur mit Machtbalance zwischen Ländern und Bund. Ob Nazi-Verbände oder Reichsbürger, sie können keine ernsthafte Gefahr für unseren Staat darstellen. Die AfD hat Menschen wie Höcke, den man gerichtlich bestätigt als Rechtsradikalen bezeichnen darf, in ihren Reihen. Aber weder das Parteiprogramm noch die bisherigen Reden ihrer Abgeordneten im Bundestag lassen Staatsfeindlichkeit erkennen. Ein Verbotsantrag könnte keinen Erfolg haben, sondern würde nur die Partei stärken. Die Angst vor anderem politischen Handeln als das der klassischen Parteien durch eine erstarkte AfD treibt die Regierung dazu, ihre gebotene Neutralität aufzugeben und zum Protest gegen die AfD auf der Strasse aufzurufen. Das weckt Assoziationen zur Kampagne gegen Rechts in China 1957-1959 so wie zur Nazizeit und zur DDR.
Die Demokratie lebt von der Meinungsvielfalt ihrer Bürger. Da darf es nicht nur die der Regierung genehme Meinung geben. Denn auch hier ist die Gefahr eines Missbrauchs groß wie totalitäre Staaten zeigen. Deshalb ist das Demokratiefördergesetz von Innenministerin Faeser schädlich und abzulehnen (DFG §1(2) Der Bund ergreift hierzu eigene und fördert zivilgesellschaftliche Maßnahmen mit gesamtstaatlicher Bedeutung zur Erhaltung und Stärkung der Demokratie, zur politischen Bildung…). Bereits derzeit werden gewaltige Summen in Bund und Ländern zur Demokratieförderung ausgegeben.
Dabei haben immer die jeweiligen Regierungen die Deutungshoheit, was akzeptierte förderungswürdige Meinung ist und was zu fake news gehört. Die jüngsten Geschehnisse um Corona mit den übergriffigen Staatshandlungen gegenüber Bürgern und Wirtschaft sollten Mahnung für alle sein.
Ignazio Silone: «Wenn der Faschismus wiederkehrt, wird er nicht sagen: ‹Ich bin der Faschismus›. Nein, er wird sagen: ‹Ich bin der Antifaschismus›.» Deshalb müssen wir jetzt darauf achten, dass unser Staat bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht selbst faschistische Tendenzen entwickelt.
Erste Hinweise auf diese Fehlentwicklung geben Äußerungen von Politikern wie z.B. Frau Katharina Schulze aus Oberbayern. Diese Forderungen sind nicht weit von Blockwart, Gedankenpolizei:und Denunziantentum entfernt:
Also achten wir darauf, dass wir beim Kampf gegen Extremismus nicht das Kind (unsere lebendige Demokratie) mit dem Bade ausschütten. Thomas Fasbender hat in der Berliner Zeitung das sehr schön formuliert. Die Aufgabe bleibt, dass dieses Bild falsch bleibt:
Der Mensch ist eigentlich vernunftbegabt. Dennoch gibt es überall auf der Welt Vernichtung von Menschen und der übrigen Lebewesen, der Natur über und unter Wasser und dabei Verschwendung der begrenzten Ressourcen unserer Erde. Ein wesentliches Motiv ist dabei Gier.
Leider besteht wenig Aussicht auf Besserung wie die letzten tausend Jahre zeigen. Einer der Gründe dürfte das Fehlen eines Jenseitsglauben sein. Menschen, die aus ihrer Religion heraus an ein Sein nach dem Tod in welcher Form auch immer glauben, leben verantwortungsbewusster (oder sollten es zumindest). Wer denkt, ich habe nur dieses eine Leben und nach dem Tod ist alles vorbei, der dürfte eher geneigt sein, die Erfüllung seiner Wünsche mit allen Mitteln, auch verbrecherischen, anzustreben. Das wird so bleiben. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, halt im kleineren Rahmen sich um das Richtige zu bemühen.