Den Ukraine-Krieg stoppen vor völliger Zerstörung des Landes!
von Thomas · Veröffentlicht · Aktualisiert
Analyse von Josef Liebhart, Gastautor
In der gestrigen Diskussion zum Ukraine-Krieg waren wir uns in der Einschätzung recht einig: Das ÖL- und Gas-Embargo schädigt (?) und bestraft zwar Russland, aber es bewirkt nicht, den fürchterlichen Krieg zu beenden. Viel, viel mehr aber schadet es uns in Europa und trägt dazu bei, unseren Planeten noch schlimmer zu beschädigen. Deshalb ist dieses Embargo zu beenden.
Am Ende der Diskussion kam die Frage, was kann man machen, dass unsere Politiker sich nicht immer mehr in diesen moralisch aufgeheizten Krieg treiben lassen und dass sie ihrer Verantwortung fürs eigene Land gerecht werden. Diese Frage, die ich adhoc nicht beantworten konnte, treibt mich um. Der einfache Bürger hat keinen großen Einfluß. Es bleibt nur, immer und überall, wo man mitredet, die Defizite und das falsche Handeln anzusprechen.
Es gibt das Problem, dass wir alle ganz unterschiedliche Einschätzungen zum Ukraine-Krieg haben. Deshalb hier mein Versuch, Punkte aufzuzählen, von denen ich hoffe, dass alle diesen zustimmen können. Ansonsten freue ich mich auf die Kommentare.
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Es erscheint mir offensichtlich, dass dieser fürchterliche Krieg (der total aus unserer modernen Zeit gefallen ist) unsere ganze(n) Gesellschaft(en) derart erschüttert, dass moralisches Denken und Handeln zur fast alleinigen Grundlage aller Diskussionen und Aktionen führt. Die Rolle von Gut und Böse, von Verbrechen und Verteidigung ist durch unsere Emotionen derart festgelegt, dass es in den großen Medien und der Öffentlichkeit kaum noch zu Grundlagendiskussionen und zu rationalen Entscheidungen kommt. (Begründung ergibt sich aus den nächsten Punkten)
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Es sollte allen klar sein (was meiner Meinung nach der wichtigste Punkt ist und der dementsprechend unbedingt thematisiert werden muss), – die Ukraine, die vor einer totalen Zerstörung steht und die deswegen unbedingt unserer Unterstützung und Hilfe (heute inklusive von Waffen) bedarf, ist nicht das einzige Opfer dieses Krieges. Ein noch größeres Opfer ist die gesamte Menschheit, ist die Lebensfähigkeit für Menschen auf diesem Planeten. (Begründung gleich)
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Deshalb ist das oberste Ziel, muss es unbedingt sein, so schnell wie möglich, besser gestern noch als morgen, einen Waffenstillstand zu erreichen und zu einer Übereinkunft mit Russland zu kommen, damit dieser Krieg beendet werden kann. Wer immer auch davon redet, – wir müssen die Russen aus der Ukraine vertreiben, – alleine die Ukrainer müssen entscheiden, ob und worüber verhandelt wird, – es darf keinen Diktatfrieden geben – die/derjenige stiehlt sich aus der Verantwortung der eigenen Bevölkerung gegenüber und der den nachfolgenden Generationen gegenüber.
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Warum? Weil der Versuch, die Russen gewaltsam zurück zu drängen, realistischer Weise bedeuten würde, und das bestätigen alle, wirklich alle Experten, dass der Krieg sich noch mindestens mehrere Monate, (wenn nicht noch viel länger) hinziehen wird. Mit der Konsequenz:
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a) dass täglich weiterhin viele Ukrainer (und Russen) getötet werden,
b) dass die Ukraine weiter zerstört und unbewohnbar wird (denn die Russen werden, je mehr sie bedrängt werden, umso mehr den Krieg ins restliche Land verlagern, weil sie die Moral des Gegners zerstören wollen indem sie die Nachschubswege, die Infrastruktur wie Eisenbahn, Straßen, Brücken, Elektrizitätswerke, die Ernte usw. zerstören),
c) dass weltweit die Gesellschaften durch Superinflation, durch Firmenzusammenbrüche, durch Arbeitslosigkeit und zunehmender Armut destabilisiert werden,
d) dass wir in den nächsten Wochen nicht nur die vielen hundert Toten in der Ukraine zu beklagen haben, sondern auch hunderttausende Menschen, die auf der (südlichen) Welt verhungern, darunter viele tausend völlig unschuldige Kinder,
e) dass durch das Öl- und Gas-Embargo jetzt weltweit alte fossile Quellen wieder in Betrieb genommen und neue erschlossen werden, so dass in den nächsten Jahren mehr als 100 Milliarden Tonnen CO² zusätzlich in die Atmosphäre geblasen wird und damit nicht nur das 1,5 ° oder das 2° Ziel unerreichbar wird, sondern wir auch 3° Erderwärmung überschreiten werden und damit die Lebensgrundlage von Millionen Menschen in Zukunft zerstört wird
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Die Konsequenz aus dem eben gesagten bedeutet, wer immer die genannten Punkte c,d,e übergeht und nicht mitberücksichtigt, also noch einmal, wer das Ziel formuliert, die Russen zu besiegen und sie aus der Ukraine vertreiben zu wollen, wer sagt, es ist nur Sache der Ukraine, ob und worüber mit den Russen verhandelt wird, die/der drückt sich um die ihm auferlegte Verantwortung, ja schlimmer noch, die/der macht sich mitschuldig an dem zunehmenden Elend und der Zerstörung der Bewohnbarkeit unseres Planeten, macht sich mitschuldig an den schwierigen Lebensverhältnissen unserer Nachkommen.
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Noch ein letzter Punkt, der in der von mir gleich dargestellten Deutlichkeit nirgendwo so diskutiert wird: Was bedeutet es denn, wie geht es weiter, wenn wir die Ukraine mit immer besseren Waffen ausrüsten und sie dabei unterstützen, ihr ursprüngliches Territorium zurück zu erobern? Niemand weiß natürlich genau, was passieren wird, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es sich so entwickelt, wie ich es hier vermute, ist doch sehr groß. Aber noch eine Bemerkung vorneweg. Ich habe lange Zeit Waffenlieferungen an die Ukraine abgelehnt. Denn je mehr Waffen da sind, um so härter die Kämpfe, umso mehr die Zerstörung, um so größer wird die Brutalität. (Je mehr Freunde und Kameraden der Soldaten umkommen, umso mehr rutschen sie in einen Tunnel, wo sie nur noch die Gewalt zu spüren bekommen und sehen, alles andere unwichtig wird und ihre eigenen Reaktionen sich nur noch durch Gewalt ausdrücken lassen) Z.B. Je weniger die Infanterie oder die Panzer voran kommen, umso mehr wird und muss alles erst vor der Eroberung durch Artellerie, Granaten und Bomben zerstört werden (inklusive von Wohngebäuden und ähnlichem). Jetzt hat der Krieg (wie voraus zu sehen war) inzwischen eine solch hohe Gewalt- und Verbrechensbereitschaft erreicht, dass auch ich es für richtig und wichtig halte, den Ukrainern effektive Waffen zur Verfügung zu stellen, um dieser Zerstörungswalze Einhalt zu gebieten. Aber wie schon ausgeführt, nicht um die Russen zu besiegen, sondern nur als Schutz vor weiterer Zerstörung und Bestandteil von ernsthaften Bemühungen um einen Waffenstillstand.
Also wie wird es mit dem Krieg weitergehen, wenn der jetzige Kurs unserer Regierungen so bleibt wie er ist, wenn man die Ukrainer wegen ihres Selbstbestimmungsrechts sie in ihrem gerechtfertigten Interesse, die Hoheit über ihr Staatsgebiet wieder zurück zu erlangen, sie entscheiden und gewähren lässt?
a) Die erste Einschätzung: auch wenn man noch soviele Waffen zur Unterstützung hinschickt, die Grundausgangslage bleibt bestehen, hier ein militärischer und auch wirtschaftlicher Riese – da ein Zwerg.
b) Das Öl- und Gas-Embargo hilft absolut gar nicht, um den Krieg zu verkürzen oder gar zu beenden. Dieses Embargo ist rein der moralischen Empörung geschuldet – man kann doch diesen Verbrechern nicht noch mit unseren Milliarden helfen, diesen Krieg zu führen. Russland hat genug Ressourcen und auch Geld, um den Krieg lange durchzuhalten. Bei diesen enorm gestiegenen Gas- und Ölpreisen kann es sogar sein, dass Russland durch das Embargo mehr Geld verdient als zuvor. Fakt ist auch, dass uns, dem Westen, das Embargo deutlich mehr schadet als den Russen. Ich empfinde es als (leider) total unangemessen, bei Geschäften wie in der Diplomatie nach moralischen Kriterien zu handeln und nicht nach der eigenen Interessenslage. Zumindest wenn bisher und überall auf der Welt so gut wie nie nach der Moral gehandelt wird. Dieses Embargo gehört beendet.
c) Noch soviele gelieferte Waffen können es der Ukraine nicht ermöglichen, den Krieg zu gewinnen., zumindest einige Jahre lang nicht. Sie können die Russen aufhalten, ja. Aber die Russen werden eskalieren: Sie haben auch Satelliten zur Überwachung, sie werden die Transportwege bombardieren, zerstören. Das Eisenbahnnetz, Flughäfen, die ganze Infrastruktur unter Beschuss nehmen. Der Tod, die Zerstörung in der Ukraine wird ein solches Ausmaß erreichen, dass es nur schwer zu ertragen ist und man nicht mehr umhin kommt, dem Hilferuf aus der Ukraine nach mehr Unterstützung, nach einer Flugverbotszone nachzukommen. Die Nato-Flugzeuge werden deshalb mit den russischen Flugzeugen aneinander geraten, die Russen werden Natoflugplätze bombardieren – kurz wir rutschen in einen großen Krieg hinein, den eigentlich keiner wollte.
Wenn die Russen nicht so eskalieren, wie hier beschrieben, (was ich nicht denke) dann wird es einen Stellungskrieg geben, der mindestens Monate dauert und womit wir das alltägliche Leid verstetigen und die Grundlagen für ein weltweites erfolgreiches Handeln gegen die Erderwärmung endgültig zerstören.
Wir kommen, zum Leidwesen der Moralisten, um eine Anerkennung der Realität nicht vorbei, die da heißt: Um weiteres Leid von den Ukrainern und ihrem Land abzuwenden, um unseren Planeten lebenswert zu erhalten, kommen wir um ein sofortiges Beenden dieses Krieges nicht drum herum.
Jetzt kommt immer wieder das Argument, die Russen wollen ja gar nicht verhandeln, ihr Ziel hat Putin klar und deutlich formuliert, die Ukraine als eigenständigen Staat auszulöschen und ein grossrussisches Reich wiederherzustellen. Im Übrigen ist ihm sowieso in keinster Weise zu vertrauen, er hält sich nicht an Abmachungen, er lügt und betrügt ständig. Wenn das wirklich so stimmt, die Russen haben kein Interesse an Verhandlungen, dann kann ich das auch nicht ändern. Aber das entbindet unsere Verantwortlichen doch nicht, (und das vermisse ich völlig enttäuscht) immer wieder zu einem Waffenstillstand und Verhandlungen zu drängen – und – auch konkrete Verhandlungsangebote zu machen. Nur durch Waffen auf Kriegserfolge zu warten, ist in keinster Weise, wie dargelegt, zielführend. Und was die Vertrauenswürdigkeit und Ziele Putins angeht, so bin ich überrascht über die Widersprüchlichkeit, die Schizophrenie, der so Argumentierenden. Auf der einen Seite wird alles in Frage gestellt was er sagt, keiner weiß, worauf man sich bei ihm verlassen kann, aber auf der anderen Seite werden seine bösen Pläne als die ultimative Wahrheit seiner Denke dargestellt. Müsste man nicht auch diese seine Äußerungen genauso mit einem dicken Fragezeichen versehen?
Dann kommt gleich das nächste Argument, man darf Putin doch nicht entgegen kommen, dann würde man ihn ja für seine Missetaten noch belohnen, dann wird doch die Basis dafür gelegt, dass er immer mehr haben möchte (Moldavien, Georgien, das Baltikum usw.) Solch Kompromissvorschäge wären absolut kontraproduktiv.
Ja, moralisch kann man so argumentieren, nur hift das in keinster Weise, das Kriegsgeschehen in einem überschaubaren Zeitrahmen zu beenden. Sorry, da hilft nur Pragmatismus, wie kann der Krieg so schnell wie möglich aufhören. Und das hat wie oben dargelegt höchste Priorität, das ist meine Moral, mein Maßstab.
Und hier meine Antwort auf die schwierige nächste Frage, schwierig weil auch ich nicht weiß, was ist richtig, was ist falsch, weil auch ich nicht all die verschiedenen, beeinflussenden Parameter kenne, die hinter dem Verhalten der beteiligten Akteure stecken: Wie soll ein Verhandlungskompromiss aussehen? Italiens Regierung hat einen Vorschlag gemacht, der meinen Vorstellungen nahe kommt. Ich denke, so schwer es fällt, so weh es auch tut und so wütend wie es einem auch macht, und so sehr sich unsere Moral dagegen auflehnt, die Ukraine sollte zusammen mit den westlichen Verbündeten den Russen u.a. vorschlagen: die Bereitschaft,
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der Krim und den östlichen Provinzen eine weitreichende Autonomie zuzugestehen und die Verhandlungen über die staatliche Zugehörigkeit auf die Zukunft (wenn wieder Normalität eingezogen ist) zu verschieben
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auf einen Nato-Beitritt zu verzichten, einen neutralen Status beizubehalten
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einem beidseitigen demilitarisierten Pufferstreifen von einer bestimmten Breite zuzustimmen
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die Neutralität und die demiltarisierte Zone müsste von der Uno und allen Unterzeichneten garantiert werden – die UNO übernimmt die Grenzsicherungen
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das Gas- und Öl Embargo und den Zahlungsboykott sofort zu beenden
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und nicht zuletzt die Bereitschaft, über weiteren Interessensausgleich, Rüstungskontrolle und Wiederaufbau der Kriegsregionen zu verhandeln.
Jetzt kommt natürlich gleich das Gegenargument, darauf wird Putin sich ja sowieso nicht einlassen, warum sollte er, er sei sich ja sicher, dass die Zeit ihm in die Hände spielt, er bekommt sowieso alles, was er möchte.
Ja, auch das mag so sein, aber auch das entbehrt nicht die Notwendigkeit, immer wieder und immer wieder auf das Kriegsende und Verhandlungen zu drängen. (Und das sieht ja wirklich nicht so aus, als wenn unsere Regierungen bereit wären, so zu handeln) Ja und dann muss wenn und weil sich bei den Russen nichts bewegt (außer weiter auf Krieg zu setzen), die zweite Notwendigkeit in Angriff genommen werden: Die Erkenntnis, dass die ganze Welt Opfer dieses (und auch der anderen Kriege) ist, muss offensiv in die Welt getragen werden. Es geht nicht mehr darum, wer ist Schuld an diesem Krieg, wer ist Freund, wer ist Feind, es geht darum unseren Planeten für die ganze Menschheit lebenswert zu erhalten. Diese Nachricht muss Allgemeingut werden und die ganze Welt inklusive China und den asiatischen und afrikanischen Ländern müssen zu der Erkenntnis gebracht werden, dass der Krieg auch sie angeht, auch ihnen großen Schaden zufügt und dass er schnellstmöglich beendet werden muss. Es darf nicht darum gehen, wie es jetzt auf dem G7-Gipfel gesagt wird, den Rest der Welt zu einer Haltung gegen Russland zu bewegen. Nein, sie dürfen alle für Putin sein, aber sie müssen sich darum bemühen, dass der Krieg so schnell wie möglich aufhört. Schuldzuweisungen, die Moral ist in diesem Moment total unwichtig. Es geht um unsere Zukunft. Und wenn es gelingt, dieses Denken überall in der Welt den Menschen nahe zu bringen, dann muss auch Putin einlenken, denn ganz alleine auf der Welt kann auch sein Regime nicht überstehen. Und nur so kann der große Krieg vermieden werden.
Und damit komme ich zu meiner letzten Antwort auf die Frage, was ist zu tun. Ich habe kein Vertrauen zu unseren verantwortlichen Politikern mehr. Sie bedienen andere Interessen als die ihrer Bevölkerung. Deshalb habe ich auch kein Vertrauen in eine Aufforderung an sie, eine Wende einzuleiten. Aber ich habe Hoffnung, wenn das, was ich hier geschrieben habe, als plausibel angesehen wird, dass wir bei all den vielen NGOs auf der Welt ein offenes Ohr für die Problematik des Ukraine-Krieges, für das Überleben der Menschen auf diesem Planeten finden. Und dass wir all diese vielen Menschen dafür gewinnen könnten, diese Problematik in ihren jeweiligen Gebieten zu thematisieren und damit auch vielleicht die große Politik zu einer anderen Haltung zu bewegen. Also, in die Auseinandersetzung mit allen Aktivisten kommen und dort versuchen, eine gemeinsame Position zu finden, den Krieg zu beenden, um die Welt zu retten.
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johnson philip